Wenn du auslöschst Sinn und Ton – was hörst du dann?“ Wie Joachim-Ernst Berendt in seinem Buch „Nada Brahma – Die Welt ist Klang“ beschreibt, ist dies ein Koan, das japanische Zen-Meister ihren Schülern seit dem 11. Jahrhundert als immer wiederkehrende Frage oder Lebensaufgabe stellen, das jedoch nicht über den Verstand, sondern alleine über Meditation gelöst werden kann.

Das erste, was mir naiverweise selbst dazu einfällt, ist das Wort „Stille“. Geht es dir genauso?

 

Doch was ist eigentlich Stille? Wie hört sie sich an? Haben wir überhaupt je die Chance, absolute Stille wahrzunehmen? Geben wir uns selbst jemals die Chance?

 

Die Monate des Winters sind der Wandlungsphase WASSER zugeordnet und – neben vielen anderen Entsprechungen – auch der Qualität der Stille.
Nichts habe ich aus meiner Kindheit faszinierender in Erinnerung, als die Momente im Jahr, in denen ich aufwachte und eine seltsame, fast heilige Ruhe wahrnahm, nämlich dann, wenn über Nacht der erste richtige Schnee gefallen war. Wenn sich Wassertropfen in Milliarden kleiner Eiskristalle verwandelt hatten, die nun die Wiesen, Bäume, Dächer und Straßen unter eine weiße, weiche Decke hüllten und alle gewohnten Geräusche verschluckten. Ich konnte es dann kaum erwarten, mit meinen Winterstiefeln den ersten Tritt in das neue, unberührte Weiß zu setzen und dieses Klangphänomen – oder besser Nichtklangphänomen – wieder und wieder auszulösen. Diese zarten Berührungen mit der Stille sind für mich auch heute noch das Allergrößte in der Winterzeit!

 

 

Doch Winter und Stille gehen fast unweigerlich auch mit weniger faszinierenden Aspekten dieses Jahreszeit einher. Begriffe wie Kälte, Starre, Einsamkeit, Krankheit und vielleicht sogar Tod kommen einem ebenfalls leicht in den Sinn.

 

Es bedarf schon Einiges an Selbstgenügsamkeit, Durchhaltevermögen und Resilienz, um heil und gut durch diese dunkle Phase zu kommen.

 

Seelische Stärke ist hier genauso gefragt wie körperliche Abwehrkraft, und genau aus diesem Grund war es auch so wichtig (wie die regelmäßigen Teilnehmer meiner Vorträge zur Östlichen Achtsamkeit wissen), sich bereits im Herbst gut für den Winter zu wappnen: die Zeit zu nutzen, um in sich zu gehen, (sich) zu klären und zu ordnen, die Spreu vom Weizen zu trennen und mit abgeklärter Heiterkeit die letzte Phase des Jahres … oder des Lebens(abschnitts) – wie lange diese/r auch noch dauern mag – beschreiten zu können. Auch wenn in diesem Jahr der Sommer fast unendlich schien und wir gar nicht genug haben konnten von Outdoor-Aktivitäten und Festen mit Freunden unter freiem Himmel – es wäre nicht gut gewesen, übergangslos vom höchsten Yang des Sommers ins tiefste Yin des Winters zu fallen.

 

Die Samen, die wir gesetzt haben (mögen es berufliche Projekte oder private Vorhaben sein) dürfen jetzt ruhen, vorübergehend auf Eis gelegt werden und brauchen vielleicht sogar den kleinen Kälteschock, eine Betrachtung mit kühlem, nüchternen Auge, um im kommenden Frühling keimen und sich über das nächste Jahr zu voller Blüte entfalten zu dürfen.

 

Welche vorbeugenden und lindernden Maßnahmen du in den Wandlungsphase WASSER anwenden kannst, welche Gedanken und Handlungen im Winter förderlich sind, um gesund und mit dem nötigen und richtigen Maß an Energie und Lebenskraft in den Frühling zu starten, erfährst du am 25.01.2019 im nächsten Vortrag in der Reihe „Östliche Achtsamkeit – WINTER / Wandlungsphase WASSER: Zeit für einen neuen Anfang“.

 

 

… Und wenn du es schaffst, dich voll und ganz im Hier und Jetzt auf die Qualität des Winters einzulassen, die Berührung mit der Stille zulassen, entsteht in deinem Inneren aus Einsamkeit vielleicht eine erste zärtliche Begegnung mit dem Alleinsein, dem All-eins-sein mit der ganzen Schöpfung… Wer weiß? Herausfinden kannst es nur du für dich selbst!